#10 - Wie viel Militär steckt in unserem Alltag?

Shownotes

Trenchcoat, Konserven oder GPS: In dieser Folge geht Ute Axmann der Frage auf den Grund, wie viel Militär eigentlich in unserem Alltag steckt. Antworten liefern ihr Prof. Dr. Daniela Angetter-Pfeiffer von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und Brigadier Dr. Friedrich Teichmann, Leiter des Instituts für Militärisches Geowesen.

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Transkript anzeigen

00:00:00: Eine Lösung war, die Nahrung in Konservendosen aufzubewahren, weil sie dann auch gleichzeitig

00:00:07: viel länger haltbar ist.

00:00:09: Dort ist also mal die Idee des Internets geboren worden.

00:00:12: Und daraufhin hat diese Firma dann nach dem Ersten Weltkrieg die ersten Damenbinden entwickelt.

00:00:19: Es war für die Soldaten dann viel einfacher auf die Armbanduhr zu schauen und die Uhrzeit

00:00:24: abzulehnen, als diese Taschenuhren mühsam herauszuholen.

00:00:27: Die Satellitenkommunikation ist notwendig, damit ich also weltweit Einsätze führen kann.

00:00:33: Und da hat das Militär eine ganz wesentliche Rolle gespielt.

00:00:37: HEERgehört, der Bundesheer-Podcast.

00:00:44: Trenchcoat, Konserven oder GPS.

00:00:49: Vieles, das wir tagtäglich nutzen, hat seinen Ursprung beim Militär.

00:00:53: Auch das Internet und viele medizinische Technologien gehören dazu.

00:00:58: Wie viel Militär steckt also in unserem Alltag?

00:01:01: Hallo und herzlich Willkommen zu einer neuen Ausgabe von HEERgehört.

00:01:05: Mein Name ist Ute Axmann und ich freue mich, dass ihr wieder dabei seid und zuhört, wo

00:01:10: immer ihr jetzt gerade auch seid.

00:01:13: Heute sprechen wir einmal nicht über den Alltag beim Militär, sondern umgekehrt über

00:01:17: das Militär im Alltag.

00:01:19: Wir befinden uns heute im Verteidigungsministerium in Wien und neben mir sitzen die aus vielen

00:01:24: Medien bekannte Historikerin, Frau Prof. Dr. Daniela Angetter-Pfeiffer von der österreichischen

00:01:30: Akademie der Wissenschaften und der Leiter des Instituts für Militärisches Geowesen,

00:01:35: Herr Brigadier Dr. Friedrich Teichmann.

00:01:37: Hallo und danke, dass ihr heute beide gekommen seid.

00:01:40: Dankeschön.

00:01:41: Frau Prof. Angetter-Pfeiffer, Sie sind das typische Beispiel dafür, dass die Community des österreichischen

00:01:47: Bundesheeres nicht nur aus den aktiven Soldaten und Soldatinnen und aus den Zivilbediensteten

00:01:52: besteht, sondern auch aus den Angehörigen.

00:01:54: Ihr Vater war jahrelang Kommandant der Panzertruppenschule und Sie sind ja von klein auf mit dem Bundesheer

00:02:00: aufgewachsen.

00:02:01: Was ist der Grund, warum Sie als Historikerin in Ihrer Forscherkarriere neben dem Thema

00:02:06: Medizin auch Militärgeschichte gewählt haben?

00:02:08: Das war sicher mit ein Grund, dass ich von klein auf in Kasernen aufgewachsen bin und

00:02:13: wir haben eigentlich unsere Wochenenden mehr oder weniger damals in Horn in der Kaserne

00:02:18: verbracht.

00:02:19: Oder wir waren am Truppenübungsplatz in Allentsteig, waren dann spazieren und haben dort

00:02:24: gespielt.

00:02:25: Ich habe mich in einem militärischen Umfeld immer sehr wohl gefühlt.

00:02:28: Später sind natürlich dann auch die tollen Events und die vielen Bälle dazu gekommen.

00:02:33: Also man wächst da einfach auch mit der Familie mit, auch mein Mann ist Milizsoldat und Zivilbedienster

00:02:39: beim Heer.

00:02:40: Also ich bin da irgendwie nicht losgekommen von der Armee.

00:02:43: Und mich hat aber die medizinische Schiene auch immer interessiert, weil eben ein Teil

00:02:48: meiner Familie auch Tierärzte oder Ärzte waren.

00:02:52: Und so habe ich einfach diese beiden Fachkombinationen verbunden.

00:02:56: Ja und Sie, Herr Brigadier, Sie sind ja nicht nur Dozent und Vortragender an Universitäten

00:03:01: und Fachhochschulen, Sie sind vor allem der Leiter des Instituts für Militärisches

00:03:05: Geowesen.

00:03:06: Was macht dieses Institut eigentlich?

00:03:08: Wozu braucht man das?

00:03:09: Danke für die Einladung.

00:03:10: Ich bin meinem Institut verantwortlich, dass alle Soldaten und Bediensteten des Bundesheeres

00:03:15: die Geoservices bekommen, die wir für den Einsatz benötigen.

00:03:19: Was kann man sich darunter vorstellen?

00:03:21: Ganz klassisch Mal die Karten, Inland oder Ausland, aber auch zum Beispiel Landesbeschreibungen,

00:03:27: wo auch so Klima oder Vegetation oder Bevölkerung drinnen ist, die wir für den Auslandseinsatz

00:03:32: brauchen.

00:03:33: Und mit der Zunahme der Digitalisierung sind auch die digitalen Daten ganz besonders

00:03:37: wichtig.

00:03:38: Es gibt auch Rasterdaten wie die Orthofotos, aber auch Daten für die Navigation,

00:03:43: aber auch Höhenmodelle, die zum Beispiel in der Fliegerei ganz besonders wichtig sind.

00:03:47: Und seit einigen Jahren beschäftigen wir uns ganz besonders mit der Anwendung von den

00:03:51: Space Services, Satellitenkommunikation, Satellitennavigation und satellitenbasierte

00:03:57: Erdbeobachtung.

00:03:58: Und da sind wir dann gleich bei unserem heutigen Thema drinnen, Militär im Alltag.

00:04:02: Frau Professor

00:04:03: Sie sind ja jetzt wissenschaftliche Mitarbeiterin an der österreichischen Akademie der Wissenschaften,

00:04:08: haben viel publiziert und Sie haben sogar zweimal den Preis Wissenschaftsbuch des Jahres

00:04:12: in der Kategorie Medizin bekommen.

00:04:14: Herzliche Gratulation dazu.

00:04:15: Danke vielmals.

00:04:16: Ja.

00:04:17: Und wie viel Einfluss hatte das Militär auf Entdeckungen und Erfindungen in der Medizin?

00:04:22: Ja, eigentlich unglaublich viel.

00:04:25: Wenn man jetzt zurück schaut und gerade die letzten Jahre, die auch von Corona geprägt

00:04:30: waren mit der Geschichte verbindet, dann sieht man eigentlich, dass alles, was wir bei Corona

00:04:35: gelernt haben, in der Geschichte vorher schon einmal passiert ist.

00:04:39: Und da hat das Militär eine ganz wesentliche Rolle gespielt.

00:04:42: So, man kann sich vielleicht noch erinnern, wenn man zu Coronazeiten im Ausland war und

00:04:47: dann nach Österreich eingereist ist, man musste an der Grenze diverse Formulare ausfüllen,

00:04:52: Gesundheitszeugnisse abgeben.

00:04:54: Und da haben vielfach die Soldaten des österreichischen Bundesheeres unterstützt.

00:04:58: Und ein paar Jahrhunderte zuvor, zur Zeit Maria Theresias und auch schon ihres Vaters

00:05:03: Karl VI, hat es die Militärgrenze gegeben.

00:05:07: Und auch dort hat es bestimmte Stationen gegeben, wo Handlungsreisende, Pilger, Diplomaten

00:05:15: speziell vom Osmanischen Reich in die Habsburger Armee eingereist sind, sich

00:05:20: ebenfalls einer gesundheitlichen Untersuchung stellen mussten.

00:05:24: Sie wurden, je nachdem, wie stark gerade die Pestepidemien oder Gelbfieberflecktyphusepidemien

00:05:32: grassiert sind, möglicherweise sogar einer dreiwöchigen Quarantäne stellen.

00:05:36: Also es gab dort eigene Lazarette für eventuell Erkrankte oder Verdachtsfälle.

00:05:42: Es gab Spitäler für diejenigen, die wirklich Symptome hatten.

00:05:45: Und es gab einfache Hütten und Häuser, wo die Gesunden wohnen mussten.

00:05:50: Und erst dann, wenn sie drei Wochen nicht erkrankt waren, durften sie weiterreisen.

00:05:55: Und da war auch wichtig, ich glaube, da kam ein Gesundheitsattest.

00:05:58: Mit dem durften sie dann in die Habsburger Monarchie einreisen.

00:06:01: Und wer das missachtet hat, der wurde damals standrechtlich erschossen.

00:06:05: Also das waren damals noch ganz andere Methoden, aber grundsätzlich war alles schon mal da.

00:06:09: Und gibt es noch irgendwelche Erfindungen, von denen wir heute noch profitieren, die eigentlich

00:06:14: fürs Militär gemacht worden sind oder im Krieg entstanden sind?

00:06:17: Also es gibt genug Erfindungen, vor allem im Ersten Weltkrieg.

00:06:22: Der Erste Weltkrieg war ja Meilenstein in der Geschichte des Krieges.

00:06:25: Da hat sich sehr viel revolutioniert.

00:06:28: Und ein für mich ganz spannendes Thema ist die Technik der Knochenbruchbehandlung.

00:06:35: Lorenz Böhler war knapp vor dem Krieg.

00:06:37: Lorenz Böhler kennt man ja heute zumindest vielleicht durch das Lorenz-Böhler-Krankenhaus.

00:06:41: Er war ein begnadeter Chirurg und war vor dem Ersten Weltkrieg in den USA.

00:06:46: Und hat dort eine ganz neumodische Entdeckung oder Erfindung kennengelernt,

00:06:54: wie man Knochenbrüche behandelt, nämlich eben mit diesem Strecken von Knochen mit dem Aufhängen,

00:07:01: diesen Extensionsgalgen.

00:07:03: Also man kennt vielleicht noch alte Bilder davon.

00:07:05: Und das hat er dann in seinem Lazarett in Bozen übernommen, mit sehr, sehr vielen Schwierigkeiten allerdings.

00:07:13: Also das hat man sich im Oberkommando überhaupt nicht vorstellen können,

00:07:16: dass solche Streckgalgen da irgendetwas Positives bewirken.

00:07:20: Und Böhler konnte aber nachweisen, dass wenn er diese Knochenbrüche,

00:07:25: vor allem auch die großen Rohrenknochenbrüche, also bei den Oberschenkeln,

00:07:29: bei den Soldaten auf seine Methode geheilt hat,

00:07:32: dann haben die Soldaten oft nur mehr Verkürzungen der Beine von ein bis eineinhalb Zentimetern gehabt.

00:07:37: Also quasi fast nichts.

00:07:40: Während in den anderen Lazeretten der KuK-Armee Verkürzungen von 10 bis 20 Zentimetern sichtbar waren.

00:07:46: Also ein Fuß war einfach 10 bis 20 Zentimeter kürzer als der andere.

00:07:50: Das heißt, diese Soldaten waren natürlich nicht mehr feldverwendungsfähig und frontdiensttauglich.

00:07:55: Und Böhler hat es aber geschafft, eben durch seine Methoden,

00:07:58: durch diese Entdeckungen und Erfindungen, die er in Amerika kennengelernt hat,

00:08:02: einfach Soldaten so zu heilen, dass sie nachher wieder an die Front kommen können.

00:08:07: Und das hat sich dann ja auch im zivilen Bereich durchgesetzt.

00:08:10: Herr Brigadier, wie sieht es da in anderen Technologien aus?

00:08:14: Ich möchte an die historische Diskussion vielleicht mit der Entwicklung der Karten antworten.

00:08:19: Die Karten haben also auch ganz interessante Entwicklungen durchgemacht,

00:08:22: wenn man jetzt zum Beispiel denkt an die Entdeckungszeiten der Spanier und Portugiesen,

00:08:26: wo Karten ein so wichtiges Gut waren, dass also auf Diebstahl von Karten sogar die Todesstrafe gesetzt war.

00:08:33: Und aufgrund dieser Entwicklungen ist dann nachher, wenn wir also kurz angesprochen haben, Habsburg und so weiter,

00:08:39: waren also Karten für das Militär so wichtig, dass es sogar eigene Trupps gegeben hat,

00:08:45: die dann das Gelände, das Habsburger Reich, kartiert haben.

00:08:49: Da kommt auch der Name her Generalskarten, weil die Karten ja eigentlich für das Militär als Generalkarte verfügt worden sind.

00:08:57: Diese sind also sehr genau aufgenommen worden.

00:08:59: Und diese Karten, also die Qualität dieser Karten, wo zum Beispiel das Gelände drinnen ist,

00:09:05: wo Bewegungslinien, Straßen drinnen sind, aber auch zum Beispiel Ortschaften drinnen sind,

00:09:10: die sind jetzt in den aktuell gültigen Karten immer noch drinnen.

00:09:15: Wenn wir an den Ersten Weltkrieg denken, da gibt es ja auch den Trenchcoat.

00:09:19: Viele Leute tragen heutzutage auch einen Trenchcoat, so wie oft heutzutage Rucksäcke getragen werden,

00:09:25: die ursprünglich eine militärische Funktion hatten und jetzt modisch getragen werden

00:09:30: oder das Camouflagedesign, also das Tarnmuster, das da oft verwendet wird in der Bekleidung.

00:09:36: Ja, wie sieht es eigentlich mit Konservendosen aus?

00:09:39: Konservendosen haben in der Armee immer eine wichtige Rolle gespielt.

00:09:43: Und zwar hat auch da die Habsburger Armee eine ganz große Vorreiterrolle gespielt und zwar mit der Novara-Expedition,

00:09:51: die 1857 bis 1859 stattgefunden hat.

00:09:55: Und das war die erste groß angelegte Weltumsegelungsmission,

00:10:00: die von der Akademie der Wissenschaften gemeinsam mit dem KuK Heer durchgeführt wurde.

00:10:06: Also der Kommodore des Schiffs Novara war Soldat Bernhard von Wüllerstorf-Urbair und er hat zwei Jahre eben

00:10:15: diese Weltumsegelungsmission geleitet und Ziel war auch damals herauszufinden,

00:10:19: wie kann man denn auf diesen Schiffen so lange mit so viel Personal überleben?

00:10:25: Man hat unter anderem auch zum Beispiel Lebendtiere mitgeführt für die Versorgung.

00:10:29: So wie funktioniert das, dass da keine Seuchen ausbrechen?

00:10:32: Und eine Lösung war, die Nahrung in Konservendosen aufzubewahren,

00:10:38: weil sie dann auch gleichzeitig viel länger haltbar ist.

00:10:41: Weil man konnte nicht immer in den Häfen neue Nahrungsmittel kaufen,

00:10:46: weil manche, in manchen Häfen sind Krankheiten grassiert, da hat man dann keine Vorräte am Bord genommen.

00:10:52: Man ist teilweise ja über Wochen am Meer gesegelt.

00:10:55: Also man braucht entsprechend Vorräte und eben eine dieser Maßnahmen waren die Konservendosen.

00:11:01: Man sagte ja, dass die erste Idee dazu auf Napoleon Bonaparte zurückgeht,

00:11:05: der für seine Soldaten schon etwas Ähnliches haben wollte.

00:11:10: Napoleon Bonaparte war in der Armee eigentlich immer ein sehr fürsorglicher Kaiser,

00:11:17: was seine Soldaten anbelangt hat.

00:11:19: Also er hat immer geschaut, dass sie entsprechend versorgt sind,

00:11:23: dass sie genug Nahrung haben, dass sie genug auch Material haben.

00:11:28: Und er hat vor allem auch im medizinischen Bereich viel getan.

00:11:31: Also Dominique Larrey ist sein sozusagen militärischer Chirurg,

00:11:35: hat ja auch im Bereich der Amputatversorgungen zum Beispiel sehr viel getan.

00:11:40: Oder auch im Bereich der Triage.

00:11:42: Also er war zum Beispiel einer der Väter der Triage

00:11:45: und hat damit auch sehr vielen Menschen das Leben gerettet.

00:11:49: Herr Brigadier, wir haben früher über Karten gesprochen.

00:11:52: Jeder verwendet Karten, auch digital.

00:11:54: Und wie sieht das jetzt eigentlich mit dem Internet aus?

00:11:57: Das war ja ursprünglich auch fürs Militär konzipiert.

00:12:00: Die Ursprünge des Internets kommen aus der US-amerikanischen Verteidigungslandschaft her,

00:12:09: wo es also darum gegangen ist,

00:12:11: Entwicklungen, speziell auch im Rahmen des Kalten Krieges,

00:12:14: zwischen Forschungsinstitutionen der amerikanischen Universitäten

00:12:19: mit den speziellen Laboratories, die also dann die Waffen entwickelt haben, zusammenzuschließen.

00:12:25: Dort ist also mal die Idee des Internets geboren worden.

00:12:28: Und diese Entwicklung hat sich dann weitergesetzt,

00:12:32: bis wir zu dem modernen Internet des jetzigen 21. Jahrhunderts gekommen sind.

00:12:37: Aber der Grundgedanke war also die Vernetzung von wichtigen, kritischen Institutionen.

00:12:46: Wenn wir jetzt noch mal zurück zum Bereich der Medizin kommen, welche Erfindungen hat es da noch gegeben?

00:12:52: Also das, was zum Beispiel heute noch sehr bekannt ist, ist der militärische Skilauf,

00:12:57: der im Ersten Weltkrieg auch eine große Rolle gespielt hat,

00:13:01: weil man begonnen hat, Verwundete mit Akjas abzutransportieren.

00:13:05: Der Erste Weltkrieg war ja auch insofern was Kriegsführung anbelangt,

00:13:11: eine Neuerung, weil man auch das Kampfgeschehen ins Hochgebirge verlegt hat.

00:13:16: So bis dahin galt es als

00:13:18: eigentlich unmöglich Krieg im Gebirge zu führen. Man hat einfach Berge überschritten, um die

00:13:22: Entscheidungen in den Ebenen herbeizuführen. Aber dadurch, dass die Grenzen der Habsburger Monarchie

00:13:29: doch zu einem Großteil auch gebirgigen Charakter aufweisen, war es eben notwendig, dass man sich

00:13:35: Gedanken macht, wie kann man Krieg im Hochgebirge führen. Und der Abtransport von Verwundeten war

00:13:40: natürlich ein ganz großes Thema. Man hat teilweise begonnen, die Soldaten

00:13:47: zu transportieren oder hat sie auf Baumstämmen festgeschnallt. Das war einfach viel zu gefährlich.

00:13:52: So hat man einerseits begonnen, den Akja zu verwenden und andererseits hat ein Tiroler

00:13:58: Kaiserschütze eine Trage entwickelt. Das war also eine Gebirgstrage, die es auch erstmals

00:14:05: in der Geschichte damals ermöglicht hat, Patienten mit Lungendurchschüssen oder mit

00:14:09: Lungenverletzungen im sitzenden Zustand abzutransportieren. Tragen waren normalerweise immer

00:14:15: für den Liegendtransport und diese Trage konnte man zu einem Sessel umfunktionieren und konnte

00:14:20: Patienten, die wenig Luft bekommen haben, sitzend von den Höhen in die Täler bringen und in die

00:14:26: Lazarette. Und damit hat man eben vielen dieser Soldaten noch das Leben gerettet. Was man dann

00:14:32: zivil auch dann weiter verwenden konnte. Wie sieht es eigentlich bei Alltagsgegenständen aus? Ich habe

00:14:37: wo gelesen, dass die Damenbinde auch eine militärische Erfindung ist, stimmt das? Ja,

00:14:42: das kann man so sagen. Also es hat 1914 eine amerikanische Firma gegeben, die hat

00:14:50: Zellwatte entwickelt und diese Zellwatte war im Vergleich zu den bisher gebräuchlichen Baumwollbinden

00:14:56: in der Sanitätsversorgung eine große Erleichterung, weil sie nämlich viel besser Blut und Eiter

00:15:02: aufsorgen konnte. Und im Laufe des Krieges hat man ja natürlich auch immer wieder den Mangel an

00:15:07: Sanitätssoldaten gespürt und hat sehr viele zivile Krankenschwestern eingesetzt, sei es aus dem

00:15:13: Roten Kreuz oder aus Ordensvereinigungen. Und diese Frauen waren meistens relativ jung und hatten

00:15:19: natürlich auch ihre Tage und sind dann relativ rasch draufgekommen, dass diese Zellwatte auch

00:15:25: sehr gut bei der Menstruation hilft. Und daraufhin hat diese Firma dann nach dem Ersten Weltkrieg

00:15:32: die ersten Damenbinden entwickelt und auf den Markt gebracht,

00:15:39: die gibt es heute noch. Und in weiterer Folge ist dann auch noch etwas aus dieser Idee entstanden,

00:15:44: dass wahrscheinlich die meisten von Ihnen kennen, das ist nämlich das Kleenex, also diese Papiertaschentücher.

00:15:50: Das verwendet ja wohl jeder. Genau. Und man findet jetzt auch in den Hotels und überall. Kleenex ist,

00:15:57: glaube ich, international weit verbreitet. Ja, liebe Zuhörer und Zuhörerinnen, wenn ihr im Internet

00:16:03: ein bisschen googelt, dann gibt es ja noch andere Alltagsgegenstände, zum Beispiel der Reißverschluss,

00:16:07: der eigentlich zuerst zivil kaum eine praktische Anwendung gefunden hat und dann erst im Ersten

00:16:14: Weltkrieg verstärkt vom US-Militär verwendet wurde oder auch der Kugelschreiber, der dann speziell

00:16:20: von den Kampfpiloten von der Royal Air Force verwendet wurde, weil er auch bei geringem Luftdruck

00:16:26: verwendet werden konnte, ohne dass der Kugelschreiber ausgelaufen ist. Also es gibt so viele Alltagsgegenstände,

00:16:32: im Internet kann man auch vieles herausfinden, die wir heute haben und die wir heute verwenden,

00:16:39: die eigentlich ursprünglich entweder durchs Militär erfunden worden sind oder erst durch das

00:16:43: Militär bekannt gemacht worden sind. Kommen wir noch einmal zurück zu Ihrem Fachgebiet im Geowesen.

00:16:48: Was gibt es da noch, was wir heute verwenden? Wenn wir uns zum Beispiel den Ersten Weltkrieg

00:16:53: anschauen, welche Entwicklung da besonders für uns jetzt relevant sind, dann fallen mir zwei ein.

00:16:58: Das eine ist Funk. Wenn man sich im Ersten Weltkrieg dorthin notwendig ist, dass ich also weltweit

00:17:03: funken muss, sowohl zu den Schiffen wie auch mit den Kolonien und das war ein ganz besonders

00:17:09: wichtiges Thema für das Militär, dass ich also da moderne Funkentwicklungen vorantreibe.

00:17:16: Das zweite was im Ersten Weltkrieg meines Erachtens besonders beeindruckend ist,

00:17:20: ist die Entwicklung der Fliegerei. Knapp vor dem Ersten Weltkrieg war also der Sprung über den

00:17:24: Ärmelkanal ein besonders herausragendes Ereignis und vier Jahre später, innerhalb von vier Jahren

00:17:30: haben wir Langstreckenflugzeuge gehabt. Also das ist aus meiner Sicht ganz besonders beeindruckend.

00:17:35: Wenn man sich vielleicht den Zweiten Weltkrieg anschaut, dann sind also zwei Sachen, die für

00:17:40: mich besonders interessant sind an der Technologie: Das eine ist Radar. Wir wissen also, dass Radar

00:17:46: im Zweiten Weltkrieg eine ganz entscheidende Rolle gehabt hat und alle unsere modernen

00:17:52: Flugfunk- und Fliegerüberwachungen basieren auf dieser Radartechnologie, die wir im Zweiten Weltkrieg

00:17:57: entwickelt haben. Und das zweite bewundernswerte technologisch im Zweiten Weltkrieg ist natürlich

00:18:03: Raketen. Ohne die Entwicklungen, die also mit der V2 gemacht worden sind, würde es jetzt

00:18:10: da wahrscheinlich nur sehr verzögert die ganze Weltraumtechnologie, Raketen, Launch und so weiter

00:18:16: geben. Das ist wirklich spannend und Sie haben ja gerade Radar erwähnt. Da ist mir dann sofort

00:18:23: eingefallen, dass ja sehr vieles in unserer Sprache Einzug gehalten hat. Wir haben jemanden auf dem Radarschirm

00:18:30: und so. Wie hat das Militär die Sprache beeinflusst? Also wir haben, wir verwenden heute

00:18:37: eigentlich unbewusst sehr viele Worte, die aus dem militärischen Bereich kommen. Also wenn man zum

00:18:44: Beispiel sich anschaut, dass schwere Geschütze auffahren. Das ist etwas, was natürlich aus der

00:18:48: Kriegszeit kommt und aus dem Militär kommt. Und heute bedeutet das halt auch, wenn wir Ziele

00:18:56: verwirklichen wollen, wenn wir etwas durchsetzen wollen, dann sagt man oft, naja um das zu erreichen,

00:19:00: da muss ich schon schwere Geschütze auffahren. Oder sich am Riemen reißen. Das ist auch so etwas,

00:19:07: wo man sagt, naja das will ich jetzt vielleicht eigentlich nicht tun, aber das muss ich jetzt

00:19:10: machen, also ich reiß mich jetzt am Riemen, dass ich das schaffe, dass ich das zusammenbringe.

00:19:14: Und am Riemen reißen hat natürlich im militärischen Sprachgebrauch auch so ein bisschen das,

00:19:19: den Hintergrund, dass man sich die Uniform anzieht, dass man an seinem Riemen alles Mögliche

00:19:26: befestigt, wie zum Beispiel einen Helm, Verbandspackerl und das einfach mit an die Front nimmt

00:19:33: und dort kämpft. Ich habe gehört, öfter schon einen Spruch gehört, wenn etwas so banal ist oder

00:19:40: gewöhnlich, das ist 0815. Hat das auch einen militärischen Hintergrund? Ja, 0815 war eine

00:19:46: Standardmaschine, ein Gewehr der Deutschen Armee im Ersten Weltkrieg, wurde 1908 eingeführt und

00:19:53: wurde dann also im Laufe des Krieges immer wieder adaptiert, verbessert und eigentlich im Krieg

00:19:58: eingesetzt. Herr Brigadier, fällt Ihnen auch eine Redewendung ein, die aus dem Militärischen kommt?

00:20:03: Ja, vielleicht nicht eine Redewendung, aber für mich ist es immer beeindruckend - die Uhrzeit.

00:20:08: Das ist zwar nicht klassisch rein Militär, sondern gemeinsam mit Eisenbahnen, war so die

00:20:14: Notwendigkeit, dass wir die Uhrzeit standardisieren, nämlich sowohl, dass wir eine standardisierte

00:20:19: Uhrzeit gemäß einer Vorgabe haben, nämlich Greenwich, Universal Time Coordinated, aber auch das

00:20:25: Zweite ist, wie wir die Uhrzeit überhaupt aussprechen, klassisch militärisch, 13:25 Uhr. Vorher hatten wir

00:20:30: also Vormittag oder Nachmittag. In Amerika gibt es das immer noch, dass man da AM und PM unterscheidet

00:20:36: und also klassisch militärisch auf die 24 Stunden Uhrzeit geht. Und das was mit der Uhrzeit meines

00:20:42: Erachtens auch zusammenhängt sind Zeitzonen. Auch die Zeitzonen sind ein klassisches Ergebnis von

00:20:47: weltweiten Aktivitäten, sowohl in der Logistik wie auch beim Militär, dass wir also nach Zeitzonen,

00:20:53: und wir haben das bei uns Militärische immer noch im ... , dass wir also die

00:20:57: Zeitzone richtig angeben. Ich habe ja da eine militärische Armbanduhr da liegen und die gab es

00:21:04: ja auch erst später, weil zuerst hatten die Männer ja immer noch Taschenuhren. Die Armbanduhr

00:21:09: hat eine ganz wichtige Bedeutung im Ersten Weltkrieg erlangt. Man muss sich vorstellen,

00:21:14: diese Taschenuhren waren groß und schwer. Jetzt geht man an die Front, jetzt schleppt man diese

00:21:18: Taschenuhr mit. Jetzt kommt zum Beispiel der Befehl, um 13:15 Uhr ist der Angriff durchzuführen. Es war

00:21:25: für die Soldaten dann viel einfacher auf die Armbanduhr zu schauen und die Uhrzeit abzulehnen,

00:21:30: als diese Taschenuhr mühsam herauszuholen, die Uhrzeit abzulesen und daher hat die Armbanduhr so

00:21:36: viel an Bedeutung im Ersten Weltkrieg gewonnen. Erfunden worden ist sie schon viel früher.

00:21:40: Aber da haben sie hier nur Frauen getragen. Genau, bis dahin haben das eher Frauen getragen und

00:21:45: Männer eben diese berühmten Taschenuhren und im ersten Weltkrieg war das einfach bequemer für

00:21:50: die Soldaten und daher ist es dann von dieser Zeit an natürlich auch mehr und mehr in den

00:21:54: Alltag übernommen worden. Finden wir vielleicht noch eine Redewendung, die wir so verwenden?

00:21:59: Ja, aus der Reserve locken zum Beispiel, das ist glaube ich auch etwas, was heute noch sehr,

00:22:05: sehr häufig verwendet wird und das stammt natürlich auch aus der Kriegssprache, also den Feind

00:22:11: aus der Reserve locken, irgendwelche Angriffe zu starten, dass man auch weiß, wo sind die

00:22:17: feindlichen Stellungen zum Beispiel, wo sitzt der Feind und heute kann es natürlich auch manchmal

00:22:23: ein bisschen positiv gesehen werden, wenn ich sage, ich möchte jemand aus der Reserve locken,

00:22:27: dass ich ihn vielleicht auch ein bisschen motiviere, etwas zu leisten und durchzuführen,

00:22:32: was er sich vielleicht selber nicht zutraut, aber öfter wird es halt auch so ein bisschen im

00:22:37: Streitgespräch verwendet, wenn man halt sagt, na ja, da muss ich jetzt jemanden aus der Reserve

00:22:42: locken und da stichle ich vielleicht ein bisschen oder bin ein bisschen satirisch und dann springt

00:22:48: das gegenüber vielleicht an und es kommt eine Diskussion zustande. Apropos stechen, da gibt es

00:22:53: ja auch diese Redewendung von der Pieke auf etwas lernen? Das stammt allerdings schon aus dem

00:22:58: Dreißigjährigen Krieg, also das kennen wir schon lange, das ist schon sehr, sehr lang, das hängt

00:23:06: mit den damaligen Waffen zusammen und eben von der Pieke auf lernen, bei uns heißt das eben heute,

00:23:11: dass man das wirklich von Anbeginn an lernt und sich in irgendetwas hinein kniet und mit den

00:23:18: Aufgaben wächst. Ja Herr Brigadier, blicken wir etwas in die Zukunft, wir haben über Weltraumtechnologie

00:23:26: ganz, ganz kurz gesprochen schon, das fällt ja auch in ihren Fachbereich hinein. Wo sehen

00:23:31: Sie da den Einfluss von militärischen Entwicklungen für die zivile Entwicklungen in der Zukunft?

00:23:37: Ich glaube, da sind ganz besonders beeindruckend, wir haben also auf der einen Seite Satelliten-Kommunikation.

00:23:43: Die Satelliten-Kommunikation ist notwendig, damit ich also weltweit Einsätze führen kann. Wir haben

00:23:50: aber auch gleichzeitig das Thema Aufklärungssatelliten, die ebenfalls militärisch getrieben wurden,

00:23:55: die Entwicklungen und die wir auch jetzt zum Beispiel jeden Abend im Wetterbericht sehen,

00:23:59: das sind also Satelliten, das sind üblicherweise Satelliten, die also uns

00:24:05: bei der Wettervorhersage helfen. Und das dritte, was wir von den Weltraum-Services haben, ist die

00:24:11: Verortung, gibt es das amerikanische GPS-System, das jetzt durch ein europäisches Galilelo-System

00:24:17: ergänzt wird, das uns autonom weltweit sehr genaue Positionen produziert. Und das ist eine sehr

00:24:24: beeindruckende Lösung, sie ist sehr billig, sie ist in Wirklichkeit sehr verlässlich und sie ist

00:24:32: in Wirklichkeit auch eine super Möglichkeit, wie ich also Verortung, Navigation, aber auch

00:24:39: Timing auf exponierte Stellen ausrollen kann. Und diese Technologie, dieses Position-Navigation-Timing,

00:24:49: wird auch in Zukunft sehr dominant sein. Ja, und gibt es noch einen Aspekt, den wir vielleicht

00:24:54: jetzt schon verwenden und der trotzdem in Zukunft auch noch viel wichtiger werden wird? Ich glaube,

00:24:59: ein höchst spannendes Thema, mit dem wir uns derzeit auseinandersetzen im Militär, aber auch im

00:25:03: zivilen Bereich, ist die Verschlüsselung von unserer Kommunikation. Wir haben eine ganze Reihe von

00:25:07: Bereichen, sowohl militärisch als auch zivil, wo es eigentlich nicht eine gute Idee ist, dass das

00:25:12: unverschlüsselt ist. Und dazu gibt es also sowohl im Militär schon seit Jahrhunderten

00:25:19: Entwicklungen, ich denke da nur zum Beispiel, es gibt das Cäsar-Chiffre, die also der Julius Cäsar

00:25:24: schon vor 2000 Jahren benutzt hat. Es gibt also aktuelle Verschlüsselungen, die derzeit noch

00:25:29: sicher sind, aber wir kümmern uns natürlich auch um Quanten-Krypto. Sobald nämlich Quantencomputer

00:25:35: einsatzbereit sind, sind also die bisherigen Verschlüsselungen wahrscheinlich nicht mehr

00:25:39: sicher. Das heißt, diese Verschlüsselungstechnologien, mit denen sich das Heer auseinandersetzt,

00:25:44: spielen auch ganz massiv in die zivile Welt hinein. Also ich sehe schon, es passiert schon seit

00:25:50: Jahrhunderten und wird auch in Zukunft so weitergehen. Das Militär ist ja Teil unserer Gesellschaft

00:25:55: und wird daher auch immer wieder in unser Alltagsleben hinein spielen, durch Erfindungen,

00:26:01: durch verschiedene positive Entwicklungen, die wir dann in der zivilen Welt brauchen. Ich sage

00:26:07: vielen, vielen Dank für Ihre Zeit und dass Sie hergekommen sind heute. Das war's für heute

00:26:12: wieder. Vielen Dank fürs Zuhören und hört auch beim nächsten Mal wieder HEER.

00:26:17: Das war HEERgehört der Bundesheer-Podcast. Weitere Infos findet ihr in den Shownotes.

00:26:28: [Musik]

Kommentare (1)

Reinhard

Als Milizoffizier und Ergotherapeut eine äußerst interessante Episode. Macht Lust noch mehr darüber zu erfahren. Danke!

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